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1. Deutsche Urgeschichte, Das Frankenreich, Deutschland unter eigenen Herrschern - S. 16

1894 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
16 Frau Holle u. a.). — Die Germanen verehrten ihre Götter nicht in Tempeln (Tacitus erwähnt als Ausnahmen einen Tempel der Nerthus und einen der Tanfana*). sondern in Wäldern und Hainen. In solchen Hainen befestigten sie die Abzeichen der Götter, dort hingen sie auch die in der Schlacht erbeuteten Trophäen auf. Man suchte den Willen der Götter durch Weissagung zu erforschen, z. B. durch Beobachtung des Vogelfluges, des Wieherns der heiligen Rosse und durch Runen (runa — Geheimnis). „Runen waren Zeichen für irgend «inen Gott oder für einen Gegenstand des Zaubers. Durch Zauber hat sie nach der Sage Odhinn (Wodan) erfunden. Man schnitt sie in Waffen und Geräte ein, um diese gegen Schaden zu schützen. Man warf mit Runen bezeichnete Stäbe auf ein Tuch, zog einige davon unbesehen hervor und wahrsagte daraus in einem Spruch, worin die Runen der Stäbe zu den leitenden Gedanken wurden, aus denen sich dann, durch Wiederholung derselben Runen, der Stabreim (Allitteration) entwickelte. Auch bienten die Runen als Hausmarken zur Bezeichnung des Eigentums und heiligten so dasselbe: Vieh, Waffen, Geräte und das Haus selbst, an dessen Herd oder Firstbalken das Zeichen eingeritzt oder eingebrannt war. Erst als die Germanen mit den Römern bekannt wurden, erfuhren sie etwas von der Schreibekunst und verwendeten nun die Runen, die sie durch römische Schriftzeichen vermehrten oder solchen ähnlich machten, zu Buchstaben je nach dem Anfangslaut ihres Namens. Dieser Gebrauch blieb aber sehr beschränkt; bei größeren schriftlichen Aufzeichnungen benutzte man die lateinischen Buchstaben, die Runen nur zu feierlichen und religiösen Zwecken, Inschriften auf Grabsteinen und geheimnisvollen Dingen, Kalenberzeichen u. s. w. Die Runen würden nicht nur von links nach rechts, fonbern auch umgekehrt, von oben und von unten her, im Kreise herum u. s. w. gezeichnet. Das von dem römischen Alphabet am weitesten abtoeichenbe (skanbinavische) Runensystem zählt sechzehn Zeichen in brei Reihen und wirb nach den sechs ersten ,Futhork' genannt. Seine Zeichen sinb solgenbe: fe, Bich, (Besitz). >|< hagl, Hagel. 'J' tyr, Gott, Schwert, pl ür, Auerochse. naudh, Not, Zwang. |£ björk, Birke. P thure, Riese. | iss, Eis. P lögr, Meer. P 088,Mündung e.flusses. är (Jahr?) Ruder. ^ madhr, Mensch. Ix reidh, Reiten, Wagen. söl, Sonne. ^ yr, Eibenholzbogen, r kaun, Geschwulst. _______________ (Henne am Rhyn.)" *) Göttin des Herdes und Feuers.

2. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 143

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
143 und der Vorgang wiederholte sich. Das letzte Körnchen Sand, welches aus einem Raum in den andern lies, zeigte den Ablauf einer Stunde oder eines kleineren Zeitabschnittes an. Noch jetzt benutzen die Schisser dies Werkzeug zum Messen mit dem Log (ein schisssörmiges oder dreieckiges, mit Blei beschwertes Stück Holz an einer langen Leine, das zur Bestimmung der Geschwindigkeit des Schiffes dient); auch die Haus-srauen bedienen sich dieser Sanduhr beim Eierkochen. Uhren mit Rädern, wie sie heutzutage im Gebrauche sind, hat man seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gebaut und zwar am frühesten in Deutschland. Ein deutscher Uhrmacher, Heinrich von Wiek, wurde von dem französischen Könige Karl V. nach Paris berufen und baute dort in den Jahren von 1364—1370 eine Gewichtsuhr mit Schlagwerk, die ihren Platz aus dem Turm des königlichen Palastes sand. Augsburg bekam die erste Räderturmuhr 1364, Breslau 1368, Straßburg auf seinem Münster 1354 und Nürnberg gar erst 1462. Die alten Meister hatten oft eine besondere Liebhaberei dafür, die Uhren mit allerlei selbstthätigem Beiwerk auszustatten. Als schönstes Beispiel dieser Art gilt zur Zeit wohl die Uhr aus dem Straßburger Münster. Die älteste (von 1354) wurde nach 200 Jahren durch eine neue ersetzt, die im Jahre 1789 stehen blieb. Nun baute der berühmte Uhrmacher Joh. Bapt. Schwilgue von 1838—1842 die dritte Uhr für das Münster. Sie hat im Vordergründe eine Himmelskugel, welche die tägliche Bewegung von mehr als 5000 Sternen sowie das Vorrücken der Tag- und Nachtgleichen angiebt. Hinter der Kugel befindet sich eine Scheibe mit allen Angaben des ewigen Kalenders und den beweglichen Festen. Im Schaltjahre verändert die Uhr nicht bloß ihren Gang, sondern eine besondere Vorrichtung in ihr bewirkt die Unregelmäßigkeit, wonach in 400 Jahren drei Tage ausgelassen werden. „Zwischen dem 31. Dezember und dem 1. Januar stehen die Worte: ,Anfang des gemeinen Jahres'; fällt aber ein Schalttag ein, so ver-jchnnnfret das Wort ,gemein', und es tritt zwischen den 28. Februar und den 1. März der Schalttag ein. Auf den Glockenschlag der Müternachtsstunde des 31. Dezembers stellen sich plötzlich die beweglichen Feste des Jahres auf die Tage ein, auf die sie in dem Jahre treffen, und bleiben daselbst das Jahr über stehen." Den mittleren Raum des Kalenders nimmt das Zifferblatt ein und es werden daraus angegeben: der Aus- und Niedergang der Sonne, die wahre Sonnenzeit, der tägliche Laus des Mondes, die Mondsviertel

3. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 126

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
126 womit der Käufer betrogen, die Arbeit und das Handwerk verstümpelt und in bösen Verruf gebracht wird', und fetzt für jedes Machwerk dieser Art eine Strafe von zehn Psnnd neuen Geldes fest. — Ten Tischlern war verboten, wurmstichiges Holz mit gemaltem Papier zu verkleben und aus solche Weise eine neue Arbeit betrüglich zierlich zu machen." Der städtische Leinwandmesser Hermann Blome in Osnabrück schwört, als er im Jahre 1473 sein Amt antritt, daß er „das schlechteste Seinen aussondern, nicht zwei Stücke zusammenlegen und dann zeichnen will, daß er kein fremdes Seinen zeichnen, seine Elle nur an einer Seite, nicht auch aus der entgegengesetzten mit den Maßzahlen versehen, jedem Käufer freie Wahl lassen, nicht Seinen und Garn für eigene Rechnung kaufen und verkaufen will." Wie bereits von Osnabrück gemeldet wurde, so waren auch tn andern Städten geschworene Meister verpflichtet, einmal oder öfter im Jahre in den Werkstätten, bei den Verkaufsständen oder in den Kaufläden zu prüfen, ob die Arbeiten oder die Verkaufsgegenstände nach Beschaffenheit, Gewicht, Maß, Zahl, Mischung u. s. w. tadellos waren. Schlecht befundene Sachen wurden vernichtet und der betreffende Besitzer mit einer Geldstrase belegt. Oft begnügte man sich aber damit noch nicht. In Regensburg sollte derjenige Tuchmacher, der beim Verkauf gefälschter Tücher betroffen wurde, 3 Pfund Strafe bezahlen und, wenn er diese Summe nicht erlegen konnte, eine Hand verlieren. Bäcker, die schlechte Backwaren lieferten, wurden an einigen Orten mit Gefängnis bestraft, ober aber man schloß sie mittels einer Kette an den Pranger, so daß jeber Einwohner der Stadt den unreblicheu Menschen kennen lernte. An andern Orten verurteilte man die betrügerischen Backamtsmeister zum Schnellgalgen (Wippe). Sie mußten sich in einen Korb setzen, der <m langer Stange über einer Pfütze hing. Dann tauchte man den Korb in die Pfütze, so daß die Schuldigen ganz durchnäßt und beschmutzt wurden. Unter den ältesten Gewerben stehen diejenigen, welche für die menschliche Nahrung sorgten, Bäckerei und Schlachterei, an der Spitze. Eine Verfügung des Bischofs Wedekind von Osnabrück aus dem Jahre 1266 erkennt an, daß die Fleischer zu Osnabrück von dem Vieh, welches sie schlachten und im Scharren verkaufen, keinen Zoll zu zahlen brauchen. 1387 gab es in Frankfurt a. M. bereits hundert Bäcker. Ihnen schließen sich die Brauer an. In hoher Blüte stand in den meisten Städten das Gewerbe der „Lakenwürker", Tuchmacher, Weber u. s. w. Im

4. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 170

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
170 versehen werden konnte. Neben der Schießwand waren in dem Bau selbst zuweilen vorspringende Schutzhäuschen oder Türmchen für die Zieler, von denen aus sie die Wand beobachten konnten, ohne getroffen zu werden. Ganz oben ans dem Bau war ein künstliches Uhrwerk, ein Zifferblatt mit den Ziffern eins bis vier, darüber ein Glöckchen, auf der höchsten Spitze stand in der Regel eine bewegliche geschnitzte Figur, oft Fortuna auf einer Kugel, welche nach einem schlechten Schuß dem Schützen den Rücken zukehrte, oder ein Männlein auf einem Turme, welches nach einem guten Schuß eine Fahne schwenkte, dem schlechten Schützen höhnend einen Esel bohrte." Zur Aufrechthaltung der Ordnung auf dem Festplatze berief der Rat eine Anzahl von sogenannten Pritschmeistern. Sie waren zuweilen sehr stattlich herausgeputzt. „1614 trugen ihrer fünf in Koburg die fürstlichen Hausfarben, gelbes Wams von Seide, schwarze Hosen, gelbe englische Strümpfe, lange schwarz und gelbe Kniebänder, schöne Korduau-schuhe mit seidenem Band, einen spanischen Sammethut mit gelben Federn, darüber eine Kasseke mit fliegenden Ärmeln, rot gelb schwarz, vorn und hinten mit Wappen bestickt, dazu die große Pritsche, und um das Knie ein Band mit mächtigen Schellen, welche laut rasselten. Die Pritsche war von Leder oder von gespaltenem klatschenden Holze. Mit ihr fegten die Meister die .Freiheit' des umsteckten Raumes von dem andrängenden Volke und straften die Vergehen gegen die Ordnung. Wer zwischen die Schützen und ihr Ziel rannte, sobald die Uhr aufgezogen war, wer die Schützen in ihrem Stande störte, in Trunkenheit und Übermut Unarten wagte, aus Mutwillen oder Tücke fremde Waffen beschädigte, verfiel ihrem Gericht, ohne Rücksicht auf seinen Rang. Und dies Gericht wurde sehr auffällig geübt. Denn auf dem Schießplatz erhob sich zur Seite ein weit sichtbares Gerüst, darauf zwei bunt bemalte Bänke. Dieser Bau hieß mit altem, herbem Scherzwort der ,Rabenftein‘, später des ,Pritschmeisters Predigtstuhl'; zu ihm wurde der Schuldige unter vielen lächerlichen Bewegungen gezogen, dort über eine Bank gelegt und mit der Pritsche in einer Weise bearbeitet, welche die alte Kunstsprache zierlich durch die Worte ausdrückte: es wurde ihm der Kopf am H— weggeschlagen. Dazu hielt der Pritschmeister eine Rede, welche dem Sträfling das Lästige seiner Lage nicht verringerte." — Zu Gehilfen des Pritschmeisters wurden einige der unnützesten Knaben der Stadt erwählt und wie ihr Herr und Meister in Narrentracht gesteckt.

5. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 237

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
237 Singer; konnte er nach fremden Tönen Lieder machen, so nannte man ihn Dichter, und wer endlich selbst einen neuen Ton erfand, empfing die Meisterwürde. Sehr sonderbar waren häufig die Namen, mit denen die Melodieen von den Erfindern bezeichnet wurden. Es gab z. B. eine kurze Affen-weis Georg Hagers, die gestreift Safranblürnleinweis Hans Findeisens, die warme Winterweis Georg Winters. Meister Ambrosius Metzger erfand die Weberkrätzenweis, die Schwarzdintenweis, die hochsteigend Adlerweis, die abgeschiedene Vielfraßweis, die Fettdachsweis u. s. w. Den Inhalt ihrer Lieder entnahmen die Sänger zum graten Teile der Bibel, zuweilen den Glaubenssätzen, Legenden. Erzählungen des griechischen und römischen Altertums, den Novellen, Schwänken, Anekdoten und Scherzen, die im Mittelalter in großer Zahl erzählt und geschrieben wurden. Die Glanztage der Meistersänger waren immer die Singschulen, welche am Sonntag und an hohen Festtagen in der Kirche stattfanden. Eine sehr getreue Schilderung eines solchen Wettsingens in Nürnberg bringt folgende Mitteilung: „Die Kirche war im Innern schön aufgeputzt, und vom Chor, den der Kaiser [Maximilian I., welcher sein Erscheinen zugesagt hatte] einnehmen sollte, hing eine kostbare Purpurdecke herab. Gar feierlich nahm sich der Verein der edlen Meistersinger aus, so umher auf den Bänken saßen, teils langbärtige Greise, teils glatte Jünglinge, die aber alle so still und ernst waren, als wenn sie zu den sieben Weisen Griechenlands gehörten. Alle prangten in Seidegewändern grün, blau und schwarz mit zierlich gefalteten Spitzenkragen. Neben der Kanzel befand sich der Singeftuhl. Nur kleiner war er, sonst wie eine Kanzel, den die Meistersinger auf ihre Kosten hatten bauen lassen, und der heute mit einem bunten Teppich geschmückt war. Vorn im Chor sah man ein niedriges Gerüst aufgeschlagen, worauf ein Tisch und ein Pult stand. Dies war das Gemerke. denn hier hatten diejenigen ihren Platz, die die Fehler anmerken mußten, welche die Säuger in der Form, gegen die Gesetze der Tabulatur, und im Inhalt, gegen die Erzählung der Bibel und der Heiligengeschichten begingen. Diese Leute hießen Merker, und ihrer gab es drei. [Außer den ,Merkern' gehörten zu dem Gemerke noch: der Büchsenmeister (Kassierer), der Schlüsselmeister (Verwalter) und der Kronmetster, der die Preise verteilte.] — — Als der Kaiser erschien, geriet alles in lebhafte Bewegung. Ein greiser Meister betrat den Singestuhl, und

6. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 141

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
141 den Weg durch die unermeßlichen Steppen der Tatarei zeigten, denn ein darauf angebrachtes Männchen wies immer mit dem ausgestreckten Arme nach Süden. Im dritten Jahrhundert nach Christo bedienten sich die Chinesen schon einer an einem Seidensaden ausgehängten Magnetnadel. Im Abendlande und wahrscheinlich zuerst bei den seefahrenden Völkern des Nordens hing man den Stern selbst an einem Faden aus oder man legte ihn auf ein Brettchen und ließ ihn aus ruhigem Wasser schwimmen. Die eigentliche Anwendung dieser Erfindung für die Zwecke der Schiffahrt schreibt man einem gewissen Flavio ©ioja aus dem Neapolitanischen zu, der um 1300 lebte. Einige freilich behaupten, der berühmte Reisende Marco Polo, der 1271 eine Reise nach China machte, habe den Gebrauch des Magneten von den Chinesen erlernt. Weil der Magnet den Reisenden leitete, hieß er bei den nordischen Völkern Leitstein oder Seitarstein, und es ist wahrscheinlich, daß sehr frühzeitig schon Magnete in Norwegen und Schweden gesunden wurden; denn ihr Vorkommen ist durchaus nicht an die Indischen Bergwerke gebunden, man trifft sie in großer Menge trt Lagern und Stöcken bei Dannemora, Arendal, in Sibirien, England, im Harz, bei Pirna u. s. w., wo der Magneteisenstein, der aber freilich nicht durchgängig alle die bemerkten Eigenschaften in gleich hohem Grade hat, als das beste Erz zur Gewinnung von Eisen verarbeitet wird. Die bei weitem bedeutungsvollste Anwendung hat dieses Eisen beim Kompaß oder der Boussole gesunden. Eine stählerne Magnetnadel im Kompaß, die sich um ihren Mittelpunkt frei bewegen kann, nimmt immer die Richtung nach Norden an und dient als Wegweiser bei den verschiedensten Unternehmungen. Nicht nur Seefahrer bedienen sich ihrer, auch Ingenieure bei ihren oberirdischen, Bergleute bei ihren unterirdischen Vermessungen, Geologen (Erdbildungsforscher) zur Bestimmung des Steigens und Fallens der Gebirgsfchichten, Landreisende, Astronomen und Physiker (Naturforscher) machen von ihr Gebrauch, und entsprechend diesen mannigfaltigen Anwendungen tft auch die Boussole verschieden eingerichtet. Bald ist die Nadel an einem Faden ausgehängt, bald schwingt sie auf einer senkrechten Spitze oder hat sonst welche Stützpunkte. Die einfachste Form ist diejenige, wo die Magnetnadel in der Mitte mit einem entweder ans hartem Stahl oder ans poliertem Achat (ein aus mehreren Abänderungen des Quarzes bestehendes Gestein) gefertigten Hütchen versehen ist, welches auf der Spitze eines senkrechten Stiftes sich dreht. Unterhalb der Nadel befindet sich ein

7. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 206

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
206 „Dannenhero es auch zu geschehen pfleget/daß so viele Narren sich auf solche französische Förmlichkeiten befleißigen, und wenn sie etwan ein Baar in der Tasche haben, so tragen sie sich Tag und Nacht damit, wie sie solche anwenden mögen. Kommen ein paar solche Narren zusammen, so fragt der Eine bald den Andern: ,Vule*) vu an alle avec promene par baslatamps (passer le temps) por mon pläsier Kann aber der Andere nicht wegen seines Herrendienstes abkommen, so ist er bald auch mit einem französischen Bröcklein Herfür zu wischen bereit, welches er etwa im Buchladen oder aus der Schreiberstube aufgeraffet: ,Je vous rends un million de graces!1 Wie wohl es öfter geschiehet, daß sie solche Förmlichkeiten nicht an rechten, gehörigen Orten anwenden und so ,ungereumet‘ antworten, daß nichts darüber ist! Denn weil ein Jeder gern ein Franzmann fein will, so geht es zuweilen Manchem wie jenem Bauer, welcher sich in der Nachahmung derer Franzosen nicht recht schiefen funnte. Denn als er er einst aus Kuriosität eine Vestung besehen wollte und gehöret hatte, daß die Franzosen wegen der Besatzung — um der Landsmannschaft willen, — darein zu gehen freien Paß hätten, er sich auch vor einen Franzosen ausgabe und der fragenden Schildwache zur Antwort gäbe: Iche bin Een Franzues1, Hernachmals aber, als er sich mit der Sprache verraten, ihm der Bucfel mit der französischen Elle weidlich abgemessen und mit guten Brügeln zurückgejaget worden; oder es werden doch zum Wenigsten solche Zwitter, welche, weil sie gern französisch reden wollen, aber nicht mehr als ein Papagei Herftammeln können, zum Wenigsten ausgelachet werden. Stellen, wie die soeben citierten, zeigen übrigens deutlich, tvie außerordentlich gering die Anforderungen unserer Vorfahren an Humor und Witz waren. Bon dem unheilvollen und demoralisierenden Einflüsse der Franzosen giebt sodann unser Sittenrichter die folgenden Exempel: „Seit das ,Monsieur1 bei uns Teutschen eingerissen, reden es auch itzo alle Mägde, Knechte und Stiefelfchmierer. Kommet man zu einem Schneider und will sich etwas machen lassen, kann aber mit ihm nicht eins werden, so ist er behend mit ,Monsieur1 heraus, solchen zu persuadiren. öieht man einen Handwerker, absonderlich einen, der ,hinter dem Kachelofen gewandert ist1, einen anderen einen Dienst thun, so ist er gleich Bereit und spricht: ,Musi, ich sage Dank!1 @eht man vor ein itobacks-Krämigen1 vorbei, rufen sie bald zu: "7 Die Schreibweise des Anonymus ist natürlich bittere Ironie.

8. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 210

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
210 Gleichfalls in diesem Jahre 1689, welches in kulturgeschichtlicher Hinsicht für das Berliner Bürgertum das Datum einer völligen Umwälzung zu bezeichnen scheint, verkaufte man zu Berlin ein fliegendes Blatt mit folgender, gleichfalls äußerst charakteristischen Aufschrift: „Die durch eine wunderliche Kalbes- oder Mißgeburth von Gott bestrafte Frauenzimmer-Hauben-Mode in einem seltsamen Bilde." In diesem Flugblatte wird die folgende Geschichte erzählt: „Am 4. Junius dieses Jahres hat sich das entsetzliche Wunder zugetragen unweit der Stadt Hanau in dem Dorfe Goselitz bei dem Schulzen Martin Krampen. Nämlich es hat dieser Schultze von einem französischen Soldaten eine trächtige Kuh um ein liederliches Geld gekauft. Wenige Tage daraus wirft gedachte Kuh, wie die Figur ausweiset, ein recht wunderbar Kalb, welches zwar von allen Gliedmaßen wie ein anderes gebildet war, allein es hatte einen rechten Menschen- oder Weiberkopf und auf demselben einen von Fleisch gewachsenen Bänder-Pusch, natürlich wie die itzigen aufgethürmten Frauenzimmerhauben. Der Abriß von demselben ist an unterschiedliche Kur- und Fürstliche Städte geschicket und dem Schulzen die Kuh mit dem Kalbe wohl zu pflegen von der Obrigkeit daselbst Befehl gegeben worden. Es haben es viele gesehen. Die Deutung aber ist Gott bekannt. Vermuthlich kann nichts Gutes daraus geschlossen werden, und weil die itzige französische Haubenmode natürlich aussiehst, wie man sonst die Feuerpüsche oder Feuerflammen malet, hat sich's leider allbereit und wieder ausgewiesen, wie die Franzosen und Mordbrenner", —■ es ist an die barbarische Verwüstung der Pfalz durch Mclac gedacht, — „dergleichen Feuerpüsche ein und anderer Stadt aufsetzen, daß mancher die Hoffahrt vergangen." Und in der That, — es fehlte der luftigen, lebensfrohen und üppigen Zeit nicht an ernsten Zeichen! Auch ist es grundfalsch, was man fast in allen landläufigen Handbüchern unserer Geschichte zu lesen bekommt, daß nämlich die Regierung des nachmaligen Königs Friedrichs I. den Dingen ihren Lauf gelassen und keinen Widerstand gegen beit Zug der Zeit versucht habe. Trotz seiner Neigung zur Nachahmung französischer Hofsitte blieb Friedrich persönlich ein frommer Herr, und viele feiner Handlungen bekundeten, wie feine älteren Biographen sagen, „den ihm innewohnenden Hang zur Gottseligkeit". So ließ er für ferne Truppen des Engländers Hales „treuen Unterricht für christliche Kriegesleute" übersetzen und in 5000 Exemplaren ver-

9. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 110

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
110 nicht helfen wolle. Juppiter sagte: „Seid ihr edelgeboren?" Sie sagten: „ja!" Juppiter sagte: „Seid ihr denn auch Kipper?" „Nein", sagten sie, „den Bescheißern sind wir niemals günstig gewesen." Das Wort verdroß die andern Kipper, sagten: „Wir sind keine der Art; wenn wir das sind, so seid ihr so gut als wir. Ist es doch wahr, habt ihr doch lange Zeit mit uns gezogen, geritten und gerennet, ja ihr habt euch auch von den Juden bestellen lassen, in derselben Gesellschaft zu wachen, ihr Geld zu verwahren, den garstigen stinkenden Juden Diener und Trabanten zu sein." „So haben wir um unsern Lohn geritten", sagten die Edelleute. Eine Reihe von Zeitgenossen schildert, wie die Unterhändler anfangs in förmlicher Soldatenmontur mit roten oder blauen Binden um den Leib, den Degen an der Seite und die Feder auf dem Hute im Magdeburgischen und Halberstädtischen umherstreiften, wie man an grauen niedrigen Hüten mit einem langen Federbusch und breiten Bändern „die Kipper und Wipper" erkennen wollte, die auf der Schnellwage die leichtert gegen die schweren Stücke prüften und die, welche die Wagbalken niederkippten, zu ihren Kunststücken zur Seite wippten. Angesichts des Verschwindens des Silbers und der ungeheuren Ausdehnung der schlechten Ausmünzung war es natürlich, daß auch das Kupser über die gewöhnlichen Preise stieg. „In gegenwärtiger Zeit", sagt ein Zeitgenosse, „werden die Blasen, Kessel, Röhren, Rinnen und was von Kupfer ist, ausgehoben, in die Münze getragen und zu Gelde gemacht. Ein ehrlicher Mann darf sich nicht mehr getrauen, jemand zu beherbergen, denn er muß Sorge tragen, der Gast breche ihm des Nachts die Ofenblasen aus und liefe davon. Wo eine Kirche ein alt kupfern Taufbecken hatte, das mußte sofort der Münze zu und half ihm keine Heiligkeit, verkauften es, die darin getauft worden waren." In der That lohnte es sich, eine Ofenblase von Kupfer zu stehlen und in die Münze zu verkaufen, denn als 1622 einige Reichsstände aus Mangel an Silber Kupfergeld als Scheidemünze prägen ließen, konnte hierzu der Centner für 500 Gulden vermünzt werden, ja in der Stadt Kamenz ward damals der Centner zu 910 Thaler 4 Groschen 6 Pfennig ausgebracht! So war bei den geringeren Sorten von Silbergehalt gar keine Rede mehr; man hängte den roten Füchsen einen weißen Mantel um, d. h. man suchte durch Weinstein dem Kupfer auf einige Zeit den täuschenden Schein von Silber zu geben; aber bereits nach Verlauf von 8 Tagen verwandelten sie ihren glänzenden Silberblick in ein

10. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 330

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
330 des Abgeordnetenhauses nach dem Kriege mit Österreich gehalten wurde. Ebensowenig wie die gewöhnliche Drahtleitung kann bei Unterseelinien der Morsesche Apparat benutzt werden. Schwache ströme würden nämlich aus so weite Entfernungen hin nicht imstande sein, den Anker zu bewegen, und starke Ströme kann man aus besonderen technischen Gründen auch nicht anwenden. Als Zeichenempfänger benutzt man darum eine Vorrichtung, die auf das Spiegelgalvanometer von Gauß und Weber, zwei Professoren in Göttingen, zurückzuführen ist. Wenn man einen Strom um eine Magnetnadel herumleitet, wird dieselbe von ihrer Richtung abgelenkt. Ist aber der Strom sehr schwach, so ist die Ablenkung der beiden Pole so klein, daß wir diese Ablenkung kaum bemerken, die Nadel müßte denn sehr lang sein. Aber wenn wir eine lange Nadel anwendeten, so würde wegen des vermehrten Gewichtes der Nadel ihr Ausschlag wieder kleiner werden. Da fmit Gauß aus den Gedanken, die Verlängerung der Nadel durch einen Lichtstrahl zu bilden, der, ob kurz oder lang, die Nadel nicht belastet und nicht in ihrer Bewegung hemmt. Zu diesem Zwecke verband er die Nadel mit einem kleinen leichten Spiegel, welcher mit seiner Fläche senkrecht zur Längsachse der Nadel auf der letzteren in ihrer Drehungsachse befestigt war. Dem Spiegel gegenüber stellte er ein Fernrohr auf, unter welchem eine Skala lag. Die drei Teile waren derart angeordnet, daß man durch das Fernrohr die Skala im Spiegel sah. Denken wir uns, die Magnetnadel sei nicht abgelenkt; dann sehen wir im Fernrohr einen bestimmten Teilstrich der Skala. Tritt aber eine Ablenkung der Nadel ein, so dreht sich mit ihr auch der Spiegel und wirst nun das Bild eines anderen Teilstrichs in das Fernrohr. Da die beiden Professoren an Stelle des Fernrohrs eine Lampe setzten, welche einen schmalen Lichtstrahl auf den Spiegel und von dort auf die Skala warf, so wirkte der Lichtstrahl in der That wie ein langer und gewichtloser Zeiger. Gauß und Weber benutzten diese Spiegelablenkung, um sehr schwache Ströme wahrzunehmen und zu messen, und ein Spiegelgalvanometer, freilich verfeinert in seinem Bau, findet auch in der Unterseetelegraphie Anwendung. Durch den Spiegel wird der auffallende Lichtstrahl je nach der Richtung des ankommenden Stromes nach rechts oder nach links bewegt, und indem mau
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